Weinheim. Nach einer sechsstündigen Fahrt trafen die Ringer des LSC in der Meisterschaftshalle, der Sporthalle der Bonhoeffer Schule ein. Ein riesiger, herrlich in die gebirgige Landschaft passender Schulkomplex mit Grund-, Haupt-, Realschule und einem Gymnasium.
Die Aktiven hatten dafür zunächst noch keinen Blick. Gleich ging es über die Probewaage. Bis auf Lennard Wickel und Martin Obst hatten alle ihr Gewicht. Wickel musste noch 300 g, Obst gar 1 kg aus dem Körper treiben. Es ist erstaunlich, mit welcher Gelassenheit Martin Obst diesen ersten Kampf aufnahm. Als er um 18.00 Uhr über die Waage ging, verkündete der Zeiger 73,7 kg. Dieser Kampf war geschafft. Auch Lennard Wickel hatte sein Limit von 66 kg unterschritten.
Auf der Waage ziehen die Athleten mit einer Trinkflasche gleichzeitig die Reihenfolge ihrer Anordnung in ihrem Limit und damit die Kampfabfolge. Emanuel Krause musste gegen Mimoun Touba vom KSK Neuss, Philipp Herzog gegen Altmeister Mario Koch aus Jena, Michel Schneider gegen Alexander Storck aus Erkenschwick, Lennard Wickel gegen Saba Bolaghi (Mömbris), Martin Obst gegen Achmed Dudarov (Ludwigshafen), Franco Büttner gegen Christoph Pscherer (Nürnberg), Robert Glor gegen Oldrik Wagner (Mömbris) und Nik Matuhin gegen Daniel Geist (Wernigerode) antreten.
Am Samstag ging es dann auf den drei Matten richtig zur Sache.
Emanuel Krause besiegte Touba und auch Kerim Ferchichi aus Schriesheim. Am Sonntag kämpfte er gegen den Lokalmatadoren Christoph Ewald (Weingarten) um den Titel. Krause ließ keinen Zweifel am erneuten Titelgewinn aufkommen. Er zermürbte mit ständigen Angriffen seinen Gegner und nahm ihm in entscheidenden Phasen Punkte ab. 1:0 und 5:0 stand es am Ende der vier effektiven Kampfminuten. Bemerkenswert, dass der Luckenwalder in den drei Kämpfen keine einzige technische Wertung abgegeben hatte.
Sehr eng ging es im Limit bis 74 kg zu. Es fehlte die unangefochtene Nummer Eins, der aus der Ukraine stammende Andriy Shyyka. Einige Medaillengewinner der letzten Jahre machten sich nun Titelhoffnungen. Martin Obst musste zunächst gegen den Juniorenmeister Achmed Dudarov kämpfen. Beim Clinch hatte Dudarow den Vorteil, Obst machte den Punkt. Dann holte sich der Berliner im LSC – Dress die zweite Runde. Mit Marcus Plodek wartete der Vizemeister des Vorjahres auf Obst. Auch diese schwere Hürde nahm er sehr konzentriert. Ergün Aydin bezwang vor dem Kampf mit Obst den Favoriten Georg Hardt. Obst gab die erste Runde ab, holte sich dann aber mit jeweils 2:0 die anderen Runden. Im Finale musste er gegen Christian Meier aus Burghausen kämpfen. Beide Athleten sind clever, wie die Füchse und katzengewandt. Es sah erst nicht nach einem Erfolg von Obst aus. Meier war immer einen Tick schneller und gewann die erste Runde mit 1:0. Danach führte Meier in Runde Zwei mit 1:0. Sekunden vor dem Ende glich Obst aus. In Runde Drei führte Meier gar schon mit 2:0. 15 Sekunden vor dem Ende brachte Obst ihn zu Boden und legte blitzschnell eine Rolle nach, gewann diese Runde noch mit 3:2 und erstmalig den Titel. „Bei der Jugend war der 4. Rang mein bestes Ergebnis, bei den Männer habe ich meine erste Goldmedaille erkämpft“, so der Kommentar des glücklichen Martin Obst.
Wie würde nun Nik Matuhin nach langer Verletzung die Herausforderungen dieser Meisterschaft nervlich meistern. Der Hüne vom LSC gab die Antwort auf der Matte. Gegen Daniel Geist aus Wernigerode krachte es noch gewaltig im Getriebe von Matuhin. Er gab die erste Runde mit 2:8 vorzeitig ab. Dann machte er aber seinen Gegner rund. 6:0 und 6:0 hieß es nach kurzer Zeit und den folgenden Runden. Jens Brosowski war Matuhins Gegner im Finale 2009. Diesmal ging es enger zu. Es wurde aber ein 3:0 und 6:0. Patrick Zimmerman aus Duisdorf war schön mehrmals unter den fünf dieser Kategorie. Matuhin stürmte, Zimmermann konnte nicht ausweichen. 4:0 hieß es nach zwei Minuten. Dann krachten beide mit den Köpfen zusammen. Der Westfale musste mit Verdacht auf Nasenbeinbruch passen. Im Finale traf Matuhin auf den Titelträger des Vorjahres, Stefan Kehrer.
„Der ist nur schwerer geworden, nicht aber stärker“ so eine lakonische Bemerkung aus der Matuhin – Fan – Ecke. So war es auch. Aus einer Aktion in der ersten Runde ging Matuhin als 2:1 – Sieger hervor. Kehrer hatte dann sein Pulver wohl verschossen. Matuhin führte mit 2:0. Als er dann Sekunden vor dem Ende wieder auf Kehrer lag, richtete er sich auf und machte vor Freude Hoppereiter. Das war unfair, der Freude über den Titelgewillt gezollt. Kehrer sah das anders, schlug wütend um sich. Das Kampfrichterteam trat zusammen. Nach einer Entschuldigung von Matuhin, welche Kehrer angenommen hatte, war alles gegessen. Matuhin ist wieder die Nummer Eins im Superschwergewicht der Freistiler.
Philipp Herzog räumte zunächst Mario Koch aus dem Weg. Danach scheiterte er knapp an Michel Schneider, der sich ins Finale kämpfte. In der Hoffnungsrunde gewann Herzog gegen Alexander Storck aus Erkenschwick. Im Kampf um Bronze musste Herzog gegen den Titelträger von 2009 Yashar Yamali aus Aachen antreten. Die erste Runde gewann Herzog mit 1:0. Dann ließ er sich schnüren, Yamali ließ ihn nicht mehr raus und wurde Schultersieger. Herzog belegte den 5. Platz.
Michel Schneider kämpfte sich ins Finale und verlor hier denkbar knapp mit 1:2 nach Runden.
Lennard Wickel musste gleich im ersten Kampf gegen den späteren Meister Saba Bolaghi aus Mömbris auf die Matte. In der ersten Runde verletzte sich Wickel und ging in Runde Zwei auf beide Schultern. In der Hoffnungsrunde gab er seinen Kampf gegen Samet Dülger auf. Franco Büttner scheiterte im ersten Kampf am späteren Bronzemedaillengewinner Christoph Pscherer aus Nürnberg. Robert Glor kämpfte gegen den Titelverteidiger Oldrik Wagner aus Mömbris und war nach der Niederlage raus.
Aus LSC – Sicht eine gelungene Meisterschaft. Der DRB, der alles in die Vorbereitung der EM in Dortmund steckt wird sich darüber im Klaren sein
müssen, dass eine Deutsche Meisterschaft mit nur 84 Teilnehmern zu
denken lassen muss.
Der Landesverband Hessen wurde in der Verbandswertung erster. Die
Vereinswertung gewann der LSC mit 37 Punkten vor der RWG Mömbris/
Königshofen mit 22 Punkten und dem TKSV Duisdorf mit 25 Punkten. Der deutsche Meister Weingarten hatte nur zwei Athleten im Aufgebot, es waren die Brüder Marcel und Christoph Ewald.
Heiko Röll und Andreas Zabel zogen eine positive Bilanz und gehen
optimistisch an die weiteren Aufgaben heran.
Medaillengewinner Deutsche Meisterschaft Freistil
55 kg. 1. Emanuel Krause (Luckenwalde), 2. Christoph Ewald (Weingarten), 3. Sven Cammin (Berlin) und Kerim Ferchichi Schriesheim)
60 kg: 1. Marcel Ewald (Weingarten), 2. Michel Schneider (Seeheim/ LSC), 3. Yashar Yamali (Aachen) und Tim Müller (Hösbach)
66 kg: 1. Saba Bolaghi (Mömbris), 2. Martin Daum (Seeheim), 3. Marcel Fornoff (Gailbach) und Samet Dülger (Neuss)
74 kg: 1. Martin Obst (Luckenwalde), 2. Christian Meier (Burghausen), 3. Carsten Kopp (Schriesheim) und Ergün Aydin (Hallbergmoos)
84 kg: 1. Davyd Bichinashvili (DRB), 2. Patrick Loes (Neuss), 3. Peter Weisenberger (Mömbris) und Christoph Pscherer (Nürnberg)
96 kg: 1. Kevin Schwäbe (Hösbach), 2. William Hardt (Duisdorf), 3. Nico Graf (Leipzig) und Viktor Reh (Freiburg)
120 kg. 1. Nik Matuhin (Luckenwalde), 2. Stefen Kehrer (Mainz), 3. Radoslaw Dublinowski (Thalheim) und Patrick Zimmermann (Duisdorf) |